Städtenamen mit Zusätzen hervorzuheben ist keine neue Erscheinung, aber sie wird dann merkwürdig, wenn mehrere solcher Zusätze im Städtenamen aufgenommen werden. Aus dem Lochstedi der Mitte des neunten Jahrhunderts ist mittlerweile die Goethestadt Bad Lauchstädt geworden, ein umständlicher Name für eine Stadt, aber in dem Wunsch begründet, mehr Touristen anzulocken.
Der offizielle Stadtname ist zugleich auch eine Ehrerbietung für den Mann, der in Lauchstädt seine Sommerfrische fand und hier ein Theater etablierte, das die Studenten und Bürger aus Halle und Leipzig teils zu Fuß anzog. Goethe hatte in seiner Funktion als Weimarer Hoftheaterdirektor das Kurtheater im Jahr 1791 gekauft und hier im Sommer Aufführungen veranstaltet, die von der Nähe des kursächsischen Bad Lauchstädts zum preußischen Halle profitierte, wo Schauspielaufführugen oft verboten und verhindert wurden und seit dem 18. Jahrhundert ein Theaterverbot bestand.
Zunächst fanden die Aufführungen in dem bereits bestehenden Kurtheater der einstigen Pfalzstadt statt, doch um 1800 wurde eine Neubau vereinbart. Für diesen gab auch Goethe, der seine Ansichten von der Farbenlehre hier umsetzen konnte, Geld. Er hatte ohnehin den Architekten Heinrich Gentz aus Berlin loseisen und für Bauprojekte in Weimar (1801-1803) einsetzen können und so war es auch mit dem 1802 erbauten Fachwerkgebäude in Lauchstädt. Zur Eröffnung kamen so viele Leute, dass viele trotz der zahlreichen Sitzplätze draußen bleiben mussten.
Besonders oft wurden hier Stücke von Goethes Freund Friedrich Schiller aufgeführt, doch bedeutete die französische Besetzung Deutschlands das Ende des Theaterverbots in Halle, das nun zum Königreich Westphalen (mit der Hauptstadt Kassel) unter Napoléons Bruder Jérôme Bonaparte kam. Dadurch blieben die Gäste in Lauchstädt aus, zudem wurde die Stadt mit dem Ende der Befreiungskriege im Jahr 1815 selbst preußisch und der preußische Staat erwarb das Theater. Doch dies führte nicht etwa zum Untergang, sondern zu einer neuen Blüte. Der bedeutendste Architekt seiner Zeit, Karl Friedrich Schinkel (1781-1841), lieferte im Jahr 1823 die Entwürfe für eine Neuausmalung, so dass eine neue Raumwirkung und ein Meisterstück des Klassizismus gelang, Im Jahr 1834 debütierte ein gewisser Richard Wagner (1813-1883) hier als Dirigent, doch dann begann der Abstieg und das Gebäude verfiel so stark, dass es gesperrt werden musste.
Diesmal kam die Rettung aus Halle, denn der hallesche Intendant Max Richards und der Bankier Lehmann nahm sich des Theaters an. Nach dem Umbau in den Jahren 1906 bis 1908 gelang erneut ein Coup: Gerhart Hauptmanns Drama "Gabriel Schillings Flucht" wurde hier 1912 aufgeführt. Im Goethejahr 1932 wurde das Theater erneut umgestaltet, woran vor allem die Künstler der Burg Giebichenstein beteiligt waren, vor allem der Maler Charles Crodel und der Architekt Hans Wittwer. Durch die NSDAP wurden diese Kunstwerke aber bereits ein Jahr später wieder zerstört. Seitdem wurde das Gebäude mehrfach saniert, der Schwerpunkt wieder stärker auf die Verbindung mit Halle gelegt, so dass hier häufig Werke von Georg Friedrich Händel (1685-1759) aufgeführt werden. Doch auch die Klassik wird nicht vernachlässigt. Zu den Förderern des Theaters gehört auch Hans Dietrich Genscher. Im Umfeld des Theaters finden sich heute mehrere Denkmäler: ein Goethe-Denkmal, eine Gedenktafel für Richard Wagner und ein kursächsischer Postmeilenstein.