Das kleine verträumte Gebäude an der Straße nach Pfützthal wirkt einladend wie ein Gasthaus, wurde aber ursprünglich als Mehlhandlung erbaut und genutzt. Häuser wie dieses verdeutlichen, wieso die Pariser Ausstellungs-Commission dem Erbauer Johann Gottfried Boltze eine Auszeichnung für „die Verbesserung der Lage der arbeitenden Classen“ (so die Allgemeine Deutsche Biographie) verlieh, denn es sind die geradezu lieblichen Gebäude, die dem Ort ein Gesicht verleihen. Diese Prinzip haben Boltze und sein Schwiegersohn Carl Wentzel mehr als ein Jahrhundert lang bei fast jedem Gebäude walten lassen, so dass auch die Wohnhäuser ihrer Fabrikarbeiter und Beamten einen eigenen Charme erhielten.
Da für die Bewohner der umliegenden Dörfer Mühlzwang herrschte, wurde extra für den Verkauf der in der Wassermühle produzierten Mehlsorten dieses Gebäude errichtet. Grouven schwärmt im Jahr 1866 regelrecht von dieser Einrichtung, die nicht mehr nach Maß sondern nach Gewicht verkaufte, und deren Preise jede Woche dem Markpreis angepasst wurden, wodurch sie allgemein als billig galten. Da Barzahlung erwünscht war, und der Verkaufsbeamte für jeglichen Kredit persönlich haftbar gemacht wurde, akzeptierte man auch bestimmte Naturalien seitens der Bauern als Zahlmittel, darunter vor allem solche, die man in der Mühle verwerten konnte.
Dennoch brachte dieser sogenannte "Mehldetailverkauf" enorme Einnahmen und für das Jahr 1865 schätzte man diese auf zirka 37.000 Taler. Das heißt binnen wenig mehr als einem Jahr waren die Baukosten der Wassermühle (42.000 Taler) bereits komplett wieder eingenommen worden. Den Vertrieb von Getreide hatte Boltze hingegen Mitte des 19. Jahrhunderts "wegen des Börsenspiels der Getreidehandel völlig aufgegeben", so Grouven. Infolgedessen war die gutseigene Schiffsflotte von vierzig eigenen Kähnen im Jahr 1845 auf 25 reduziert worden. Erbaut wurde die Mehlhandlung im Zuge der Neuerrichtung der Wassermühle (1861-1863).