Sachsen-Anhalt war bis 1990 ein Land der Zuckerfabriken und es gab weit über 100 zwischen Altmark und Burgenlandkreis. Auch im Saalekreis befanden sich verschiedene dieser Bauwerke, etwa in Langenbogen eine von Wentzel 1848 erbaute. Es war insbesondere für Großagrarunternehmer ein lohnendes Geschäft, die Felderzeugnisse gleich vor Ort weiterzuverarbeiten und sie dann zu verkaufen. So kann es nicht verwundern, dass auch Johann Gottfried Boltze 1847 eine solche Zuckerfabrik in Salzmünde erbauen ließ.
Direkt neben seinem Wohnsitz entstand das große Gebäude, dessen Bedarf schon allein daraus ersichtlich wird, dass Boltze den väterlichen Besitz von zwanzig Morgen Land auf 12.000 Morgen vergrößert hatte. Er besaß also mehr als genug Flächen, um Zuckerrüben anzubauen. Da dies erfolgreich vonstatten ging, wurde sie immer wieder erweitert. Sie konnte dabei auch jeweils den neuesten Errungenschaften auf dem Gebiet der Zuckerproduktion angepasst werden, wie Hubert Grouven (1866) berichtet. Sie zählt zu den ältesten der Region und ist als Gebäude noch erhalten. Sie bestand zu seiner Zeit aus zwei Kesselhäusern mit mehr als zwei Dutzend Kesseln sowie zwei über 50 Meter hohen Schornsteinen.
Pro Jahr verschlang dieses Ungetüm 150.000 Tonnen Braunkohle, die bei Bennstedt gefördert wurden. Zum Betrieb der fünf Wasserpumpen nutzte man das Flusswasser.der Salza. Pro Tag wurden 1866, also während der 18. Kampagne, 2.200 Zentner Rüben verarbeitet , wofür 800 Tonnen Braunkohle benötigt wurden, und so war sie trotz leistungsfähigerer neuer Fabriken damals seit Jahren die Zuckerfabrik der Provinz Sachsen, die die meisten Zuckerrüben verarbeitete, nämlich 400.000 Zentner pro Kampagne, wofür man den Zeitraum bewusst in die Länge zog (15. September bis 15. April).
Bei solchen Zahlen versteht man vielleicht, welchen enormen Einfluss Boltze auf den Ort Salzmünde hatte, in dem er, als er das Erbe seines Vaters antrat, nur eine Schenke und eine Tongrube besaß. Salzmünde hat in dieser Zeit keinen einzigen ruhigen Winter erlebt, denn ständig kamen unvorstellbaren Mengen an Fuhren aus allen Richtungen mit Braunkohle, Kartoffeln, Zuckerrüben, Stroh, Getreide und vielem mehr herbei bzw. brachten die hergestellten Produkte von Zuckerfabrik und Brennerei fort.