Nicht nur die Grafen von Wettin, die bis zu den Königen Polens aufstiegen, haben in Ostmitteleuropa Einfluss geübt, sondern auch ein Geistlicher, der in Wettin geboren wurde.
Die Inschrift der Gedenktafel für Ernst Glück, die sich an der Kirche St. Nikolai neben dem Kriegerdenkmal an der östlichen Langhausseite befindet, lautet.
Zur Erinnerung an
Johannes Ernst Glück
* 18.5.1654 in Wettin
+ 5.5.1705 in Moskau
Pfarrer in Marienburg/Livland
Schulgründer in Livland und Moskau/
Übersetzer der ersten lettischen Bibel
Darunter steht derselbe Text in lettischer Sprache. Glück, der in Wittenberg und Leipzig Theologie und alte Sprachen studiert hatte, orientierte sich an Martin Luther und August Hermann Francke. Als er im Jahr 1673 nach Livland ging, konnte er noch kein einziges Wort der lettischen Sprache, doch er eignete sich diese an und übersetzte in einem Mammutprojekt die Bibel aus dem Hebräischen und Altgriechischen in die lettische Sprache, so dass sie im Jahr 1694 - mit Unterstützung des schwedischen Königshauses - veröffentlicht werden konnte. Glück wird heute in Lettland ähnlich verehrt wie Martin Luther in Deutschland. So hegt man zwei von ihm gepflanzte Bäume ("Glückseichen") bis heute, unter denen ein Gedenkstein für ihn steht. Über seine Tätigkeit informiert ein eigenes Bibelmuseum in Marienburg (Alūksne), das seine Bibelübersetzung sogar in das Stadtwappen mit aufnahm. Auch gründete er Schulen für die Kinder der Bauern, die als die ersten lettischen Schulen gelten. Zudem konnte er nicht für jedes Wort ein lettisches Pendant finden, so dass er teilweise neue Wörter in die lettische Sprache einführte.
Als der Große Nordische Krieg (1700-1721) ausbrach, geriet Glück mit seiner Familie in russische Kriegsgefangenschaft. Seine Frau konvertierte dort zum orthodoxen Glauben. Seine Ziehtochter, die Magd Martha Skawronskaja (1684-1727) lernte dort den Zaren Peter den Großen (1672-1725) kennen, konvertierte ebenfalls, heiratete ihn und wurde die russische Kaiserin Katharina I. Glück, der Martha in religiösen Fragen erzogen hatte, profitierte ebenfalls von ihrem wachsenden Einfluss und gründete im Jahr 1704 das erste Gymnasium in Moskau. Er wurde dessen Rektor und versuchte über Francke, deutsche Lehrer nach Moskau zu holen, zudem besorgte er weitere Übersetzungen (u. a. eine Schulbibel) - diesmal ins Russische. welches er sich ebenfalls angeeignet hatte.
Ohne jede Übertreibung kann man Glück daher einen der bedeutendsten Deutschen des 17. Jahrhunderts nennen. Da dies aber weitgehend unbekannt ist, wurde im Jahr 2007 diese Tafel gestiftet.