Als im Jahr 1918 der Erste Weltkrieg endete, hatte fast jedes Dorf und jede Stadt in Deutschland Tote zu beklagen, die sie nicht begraben konnten, da sie auf den Schlachtfeldern in allen Himmelsrichtungen verstreut lagen. Daher schuf man überall Kriegerdenkmäler, damit die Familien Orte zum Trauern hatten. Zwangsläufig finden sich diese zumeist an oder in den Kirchen beziehungsweise auf Friedhöfen. Ähnlich wie in Braschwitz, Ammendorf oder Böllberg brachte man in Wettin die Gedenktafel an der Kirche an, Allerdings fiel es einer Stadt angemessen etwas größer aus und wurde wie ein aufgeklappter Altar gestaltet. Die Mittelstele trägt die Inschrift:
Den treuen Toten
aus Wettin
1914
1918
Links befinden sich fünf Tafeln mit den Namen der Toten der Jahre 1914 bis 1916. Vorangestellt ist ihnen jeweils der militärische Rang. Die erste Tafel nennt 14 Namen aus dem Jahr 1914, doch trägt ein Name den Zusatz „1916“. Die drei nächsten Tafeln erinnern an die 43 Toten von 1915. Auch hier finden sich scheinbar Korrekturen (je zweimal „1916“ und „1918“) hinter den Namen. Vermutlich handelt es sich dabei um Verschollene, deren Schicksal erst später geklärt werden konnte, allerdings wirken sie nicht wie Nachträge. Die Tafeln für die Gefallenen von 1916 befinden sich links und rechts der Mittelstele. Da auch hier Zusätze auftauchen (einmal „1917“, zweimal „1918“) und die Namen sich auf je eine Tafel links und rechts der Mittelstele sowie die zweite rechte Tafel verteilen, wirkt die Anordnung nicht gut durchdacht. So muss man für dieses dritte Kriegsjahr 31 Tote annehmen, dann aber drei (1917/18) abziehen. Genau so viele sind aber auf der zweiten rechten Tafel vermerkt. Hinzu kommen dann aber wieder die drei auf den vorherigen Tafeln mit dem Zusatz „1916“ genannten Namen, so dass letztlich die Zahl unverändert bleibt.
Wir konnten bisher nicht klären, was dieses Durcheinander ausgelöst hat. Da die rechten drei Tafeln kaum zu entziffern sind, handelt es sich eventuell um das Werk eines Restaurators, der später erlangte Erkenntnisse mit einbaute, ohne die Anordnung verändern zu wollen. Die erste Tafel für 1917 ist die letzte gut lesbare und enthält einen weiteren Namen mit Zusatz („1918“). Sie und die nächste berichten die Namen von zusammen 25 Gefallenen dieses vorletzten Kriegsjahres, die beiden rechten Tafel die Namen von weiteren 29 des Jahres 1918. Insgesamt erinnert das Kriegerdenkmal somit an 142 Gefallene des Ersten Weltkrieges, die aus Wettin stammten.
Zudem wurde das Mahnmal um folgende Inschrift erweitert:
Den Gefallenen des II. Weltkrieges und den zivilen Opfern der Nachkriegszeit zum Gedenken
Diese selektive Art des Gedenkens erklärt sich vermutlich aus der Gedenkkultur der Deutschen Demokratischen Republik, die den Opfern des Faschismus zahlreiche Denkmäler errichtete, Soldaten dabei aber aufgrund der zahllosen Verbrechen ausklammerte. Ob man das in Hunderten von Jahren noch verstehen wird, sei dahingestellt.